Welcher Mittel- oder (Süd-)Osteuropäer hat sich nicht auch schon – vielleicht sogar verzweifelt – gefragt, weshalb Westeuropäer gewisse Sachverhalte über Osteuropa beim besten Willen einfach weder verstehen noch richtig einordnen können… Vorurteile, Alltagskultur, Mentalität, Einordnung von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen und Zusammenhängen, westliches Nichtwissen um mittel- und (süd-)osteuropäische Geschichte, Völkerwanderungen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, Verhältnis zu Russland, westeuropäische «vorteilsfreie» (!) Fixierung auf «Entwicklungsländer» resp. deren ehemaligen Kolonien statt auf ihre mittel-/osteuropäischen «Mit-Europäer», Unwissenheit gegenüber Ostkirche und südosteuropäischem Islam, unterschiedlicher Umgang mit Toleranz, Homosexualität, Gender-Diskursen, Roma, Zuwanderern, etc.

Der Autor lebt seit 1992 in Österreich, und schreibt als freier Korrespondent über das Land und Südosteuropa. 2011 gab er, unter anderen, bereits ein Buch über «Kroatien. Ein Länderportrait» heraus. Leser mit «mittel-/südosteuropäischen Migrationshintergrund» lesen Mappes-Niedieks neuestes Buch mit ständigen Ach so-, Aha-, Ist-mir-auch-schon-aufgefallen-Effekten, mit Erstaunen – aber er stellt darüber hinaus die relevanten Zusammenhänge her. Egal, ob es sich um Geschichte, Kommunismus, Kirche, Alltag, Konsum oder Gesellschaft handelt, Mappes-Niediek kann die zahlreichen, uns Lesern bekannten Einzelbeobachtungen wie kein Zweiter erklären und einordnen. Den Buchdeckel illustriert ein Bild der neuen Fussgängerbrücke über die Drava in Osijek. Ivana Pribakovic stellte den Autor und sein Buch im SRF-«Tagesgespräch» Anfang März 2021 vor.

Norbert Mappes-Niediek. Europas geteilter HimmelWarum der Westen den Osten nicht versteht. 300 Seiten.

Ch. Links Verlag, 2020; ISBN 978-3-96289-112-1

Text: Alexander Künzle

Übersetzung ins Kroatische: Marina Baričević

Quelle: Libra 49