In rund zwei bis drei Jahren wird die Kuna, Symbol der schwer errungenen Selbständigkeit und der langen historischen Tradition Kroatiens, in die Eurozone aufgehen. Ohne eigene grosse Binnenmärkte haben es die Währungen kleiner Länder schwer, denn deren Notenbanken sind stark von dominanten Währungen abhängig. Das zeigt sich auch beim Schweizer Franken. Domagoj Arapovic, Senior Economist bei Raiffeisen Schweiz, machte sich seine Gedanken zur Einführung des Euro in Kroatien.
Im Juli 2020 legte die Nationalbank HNB in Absprache mit der Europäischen Zentralbank den mittleren Wechselkurs zwischen Euro und Kuna fest (7.5345), um den die kroatische Währung maximal ±15% schwanken darf, bis sie im Euro aufgeht. Dies soll frühestens ab Januar 2023 der Fall sein. Mit dem Eintritt in die Eurozone fällt für Kroatien dann das Devisenrisiko zum Euro-Raum weg, was der Aussenwirtschaft zu Gute kommt. Das Land wird auch einfacher Geld auf den internationalen Kapitalmärkten aufnehmen können, meint Domagoj Arapovic. Und ausländische Investoren in Kroatien hätten dann zumindest kein Währungsproblem mehr.
Doch gibt es auch Befürchtungen, dass bei der Euro-Einführung ein Teuerungsschub eintreten könnte, der offiziell tiefer ausgewiesen werde, als er real spürbar sei. In Deutschland und Frankreich war dies beim DM- und Franc-Wechsel der Fall, bei der Lira ohnehin. Auch die zugelassene Fluktuation von ±15% sorgt für Skepsis, aber auch für Lacher: So gibt es Aufrufe, bereits jetzt schon zum noch günstigeren Kuna-Kurs Euro zu kaufen, da nicht auszuschliessen sei, 2023 mit einer 15% schwächeren Kuna weniger Euro zu erhalten. Geschmunzelt hingegen wird über die sehr unwahrscheinliche Entwicklung, wonach sich die Kuna bis 2023 um 15% gegenüber dem Euro aufwerten könnte…
Arapovic führt solche latenten, heute aber unbegründeten Abwertungsängste auf die historische Erfahrung des Landes hin. In den 1980ern und zu Beginn der 1990er-Jahre herrschte Hyperinflation. Der jugoslawische Dinar, anschliessend der kroatische Dinar und anfänglich auch die Kuna verloren von Jahr zu Jahr an Wert; seit Mitte der Neunzigerjahre mache die Kroatische Nationalbank (HNB) aber einen guten Job. Erste Priorität der kroatischen Währungshüter war immer, den Wechselkurs zum Euro stabil zu erhalten. Das hat aber seinen Preis: Wie die Schweizerische Nationalbank, die ebenfalls stark auf den Eurokurs fixiert ist, betreibt auch die HNB schon seit langem keine wirklich unabhängige Geldpolitik mehr. Eine unabhängige Geldpolitik würde den Kroaten aber auch nicht viel nützen, sagt Arapovic, denn «die kroatische Wirtschaft ist bereits hochgradig euroisiert». Teure Anschaffungen, wie Fahrzeuge oder Immobilien, werden in Kroatien ohnehin seit je und eh in Euro abgewickelt. Hypotheken und Schulden in Kroatien sind bereits heute zu 70% in Euro denominiert, und obwohl die Kroaten in Kuna bezahlt werden und in Kuna konsumieren, lautet ein grosser Teil der Sparkonten jetzt schon auf Euro.

Josip Jelacic (20er-Note) und Ivan Gundulic (50er-Note) werden bald ausgedient haben. Dafür wird es 1- und 2-Euro-Münzen mit einem kroatischen Symbol geben, die dann von Portugal über Irland bis nach Zypern zirkulieren.
Domagoj Arapovic von Raiffeisen: «Viel wird sich nach der Ausweitung der Eurozone auf Kroatien für die Schweizer nicht ändern».
Der Teufel steckt im Detail
«Eine Gefahr hingegen ist das Aufrunden von Preisen für Güter, deren Produzenten eine grosse Markmacht haben», sagt Arapovic. Unternehmen könnten in Versuchung geraten, ihre Produkte in den Tagen des Währungswechsels versteckt zu verteuern, zum Beispiel durch Aufrunden bei der Anwendung des vorgeschriebenen Wechselkurses. Deshalb sei es nicht so schlecht, wenn die kroatische Bevölkerung einen Teuerungsschub befürchtet. «So ist die Sensibilisierung der Bevölkerung hoch, und die Unternehmen werden es sich zweimal überlegen, ob sie die Preise erhöhen.» Je skeptischer die öffentliche Meinung sei, desto weniger Missbrauch dürfte dann in Wirklichkeit passieren, auch wenn dies etwas paradox klinge.
Der Teufel stecke im Detail: So sollte beispielsweise im Detailhandel Preistransparenz vorgeschrieben werden. «Jedes Produkt und jede Dienstleistung sollte noch einige Monate nach dem offiziellen Wechseldatum in beiden Währungen ausgeschrieben werden», sagt Arapovic.
100 Millionen Euro Wechselkosten fallen weg
Kroatiens Exporteure werden sich über den Wegfall der heutigen Transaktionskosten beim Wechseln von Kuna in Euro freuen. Auch ausländische Touristen werden es schätzen – wie in Slowenien – nicht mehr Kuna wechseln zu müssen. Gemäss Arapovic belaufen sich die Schätzungen zu den Transaktionskosten auf jährlich rund 100 Mio. Euro oder 0,2% des Bruttoinlandprodukts. Diese Spesen und Gebühren werden ab 2023/2024 permanent, also für immer, wegfallen. Demgegenüber fallen einmalige Kosten an, wenn zum Beispiel Menukarten von Restaurants umgeschrieben oder IT-Software auf Euro umgestellt werden müssen. «Und natürlich liegt die Versuchung nahe, solche einmaligen Kosten auf die Kundschaft abzuwälzen», weiss Arapovic.
Was die Schweizer und die Kroaten in der Schweiz betrifft, halten sich die Folgen der Überführung der Währung von Kuna in Euro in Grenzen. «Die bisherige Entwicklung Franken/Kuna wird neu ab 2023 dem Verhältnis Franken/Euro folgen», sagt Arapovic. «Schweizer Touristen konnten bisher von Frankenaufwertungen im Kuna-Raum profitieren: Kroatien wurde billiger. Künftig werden Schweizer aber nicht mehr von einer schwachen kroatischen Wirtschaft profitieren können.» Denn der Franken-/Euro-Kurs wird dann vom Wirtschaftsverlauf in der gesamten Eurozone bestimmt, und nicht vom kroatischen allein.
Arapovics Fazit lautet deshalb, dass Kroatiens Wechsel zum Euro langfristig keine grossen Änderungen nach sich zieht. Viel wichtiger für Kroatien wären Wirtschaftsreformen. Die langfristigen Probleme, die das Land habe, lassen sich mit einer neuen Währung allein nicht lösen. Und ausserdem laufe auch in der Eurozone vieles falsch…
Und Polen?
Auch Polen soll der Eurozone nähergebracht werden. Die Meinung der Polen dazu ist skeptischer geworden, auch wenn die polnische Notenbank wirtschaftlich gesehen nichts dagegen hätte. Nur zählt Polen mit 38 Millionen fast zehn Mal mehr Einwohner als Kroatien. Entsprechend gross ist der Binnenmarkt. Eine Währungsunion von Złoty und Euro ist unter diesen Umständen viel komplizierter zu bewerkstelligen.