Das Recht auf Aufnahme von Pflegekindern durch gleichgeschlechtliche Paare – pro und contra
Kindern, die weder von ihren leiblichen Eltern betreut werden können noch adoptiert werden, soll dennoch das Leben in einer Familie anstatt in einem Pflegeheim ermöglicht werden. Auch durch viele gleichgeschlechtliche Paare wurde der Wunsch geäussert, Kinder in Pflege zu nehmen. In Zürich und in Zagreb – bzw. in der Schweiz und in Kroatien – wird dies nicht gleich behandelt. Leider klaffen die Haltung der kroatischen Institutionen und die öffentliche Meinung noch immer sehr weit auseinander.
Der Grad der Toleranz gegenüber Bürgern unterschiedlichen Glaubens, anderer Hautfarbe oder sexueller Orientierung, aber auch gegenüber Menschen mit Behinderungen und anderen Minderheiten, hängt von der Umgebung ab, in der sie leben. Dazu ein Beispiel aus der Stadt Zürich: Nach erfolglosen Versuchen, Pflegeeltern aus heterosexuellen Ehen zu finden, wandte sich die Stadt Zürich an gleichgeschlechtliche Kreise, um Paare zur Pflege eines Kindes zu motivieren. Was hierbei zählt, ist nicht, wer mit wem zusammenlebt, sondern wie er oder sie lebt, und ob er oder sie dem Kind die Zuwendung geben kann, die es braucht. Im Gegensatz zur Adoption, bei der ein Paar oder eine Einzelperson Elternbeziehung zu einem Kind haben kann, dessen leiblichen Eltern durch eine Gerichtsentscheidung das Elternrecht entzogen wird, ist die Pflege eine vorübergehende Form der Betreuung durch eine Ersatzfamilie.
Ein interessanter Fall aus Zagreb, der für Kroatien ein Präzedenzfall ist: Das gleichgeschlechtliche Paar Ivo Šegota und Mladen Kožić, die 2015 eine Lebenspartnerschaft eintragen liessen, wollten seit langem Adoptiveltern werden, was die geltenden kroatischen Gesetze nicht erlauben. Der Antrag auf Adoption des Kindes wurde abgelehnt, worauf sie Berufung einlegten; auch das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab. Sie liessen sich dadurch nicht entmutigen und erwogen die Möglichkeit, ein Pflegekind aufzunehmen. Das zuständige Sozialhilfezentrum und das zuständige Ministerium genehmigten den Antrag zunächst, widerriefen jedoch anschliessend die Genehmigung. Auch dagegen legte das Paar Berufung beim Verwaltungsgericht ein, und diesmal wurde zu ihren Gunsten entschieden. Diese Entscheidung ist bindend. Nach den kroatischen Vorschriften auf der Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention kann die Pflege nicht angefochten werden, da der Akt der Pflege als Beruf betrachtet und das Kind vorübergehend betreut wird. Der Pflegeelternteil muss körperlich und geistig gesund sein, berufstätig sein, eine Ausbildung absolviert haben, eine Genehmigung und eine Entschädigung erhalten. Abhängig von der Situation (z.B. falls die Eltern des Kindes am Leben sind und das Kind dies wünscht) kann das Pflegekind regelmässigen Kontakt mit den leiblichen Eltern haben.
Derzeit leben in Kroatien ungefähr 800 Kinder oder Jugendliche bis zum 21. Lebensjahr in Kinderheimen. In Pflegefamilien leben etwa 2300 Kinder, deren leibliche Eltern entweder nicht mehr am Leben oder aber nicht dazu bereit oder in der Lage sind, sich um sie zu kümmern. Die Zahl der Kinder, die in Pflegefamilien betreut werden, sinkt Jahr für Jahr, weil immer weniger Interesse daran besteht. Auch sind Adoptions- und Pflegeverfahren zeitaufwendig und können manchmal bis zu vier Jahre dauern.
In der Schweiz wurde auf der Grundlage einer vom Parlament angenommenen Initiative am 9. Februar 2020 über einen Vorschlag zur Änderung der bestehenden Bestimmungen gegen Homophobie vom 2018 abgestimmt. Bisher war über die Anti-Rassismus-Strafnorm schon die Diskriminierung wegen Rasse, Religion oder Ethnie verboten. Jetzt wurde diese Norm durch ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung ergänzt. Der Vorschlag wurde von 62% der Wähler unterstützt. Auch in anderen europäischen Ländern ist Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung strafbar. Daher war die Schweiz durch den Europarat und die Vereinten Nationen aufgefordert worden, ihre diesbezüglichen Gesetze zu verschärfen. Eine Änderung des bestehenden Gesetzes macht die öffentliche Herabsetzung und Diskriminierung einer Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, sei es durch Sprache, Schrift oder Fotografie, strafbar. Das Gesetz sieht Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren vor. Konservative und populistische Kreise sprachen sich gegen diese Gesetzesreform aus, mit dem Argument, die Gesetzesänderung verletze das Recht auf Gedankenfreiheit, weil die bestehenden Vorschriften die Verleumdung bereits ausreichend sanktionieren. Der nächste Schritt für gleichgeschlechtliche Gemeinschaften wird sein, das Recht zu haben, zu heiraten, wodurch automatisch auch das Recht erlangt wird, ein Kind zu adoptieren.
Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die «EMRK», ist das älteste und wirksamste System zum Schutz der Menschenrechte in Europa (Rom, 4. November 1950). Die Konvention ist für viele Staaten weiterhin ein aktueller Bezugspunkt in der sozialpolitischen Entscheidungsfindung. Sie wird durch die Protokolle und Ratifizierungen der Mitgliedstaaten ergänzt. Das Konventionssystem deckt fast den gesamten europäischen Kontinent ab (47 Unterzeichnerstaaten einschliesslich Kroatien) und umfasst mehr als 820 Millionen Menschen.
Das Übereinkommen gilt auch für gleichgeschlechtliche Ehen.
Das erste Land in Europa, in dem die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert wurde, waren die Niederlande (2001), gefolgt von Belgien, Finnland, Island, Norwegen, Spanien, Grossbritannien, Deutschland, Frankreich, Österreich. In der Republik Kroatien, in der Schweiz und in einigen anderen Ländern legalisieren gleichgeschlechtliche Partner ihre Rechte auf dem Zivilstandsamt gemäss dem Lebenspartnerschaftsgesetz. In Deutschland wurde 2019 offiziell das dritte Geschlecht «transgender» eingeführt, das seine Rechte in gleicher Weise legalisieren kann. (is)
Karnevalsskandal: Brennende Figur eines schwulen Paares mit Adoptivkind, mit rotem fünfzackigen Stern auf der Stirn!
Karneval ist eine traditionelle Manifestation, in der der «Schuldige» an allen Problemen des vergangenen Jahres auf symbolische Weise verbrannt wird – also auch eine Gelegenheit, gegen die unantastbaren Mächtigen zu rebellieren, aber nicht dazu, dem Ärger über Ausgegrenzte Luft zu machen. Genau dies geschah jedoch in einem kroatischen Städtchen, in der eine Karnevalsfigur eines schwulen Paares mit einem Kind verbrannt wurde, das dazu noch einen roten fünfzackigen Stern auf der Stirn trug.
Dieser primitive Akt deckte die Situation in Kroatien auf einmalige Art und Weise auf. Es gab keine Kreise, die nicht darauf reagiert hätten. Er wurde von den Führern einiger rechtsextremer Parteien, aber auch von den Führern des rechten Flügels der regierenden Kroatischen Demokratischen Union gelobt und unterstützt, denen dies als Beispiel für die Freiheit der künstlerischen Meinungsäusserung oder eine wünschenswerten Meinungsverschiedenheit diente. Im Gegensatz dazu wurde der Vorfall vom Staatspräsidenten, dem Premierminister, den Führern der meisten politischen Parteien, der Ombudsfrau für Kinder, Medien und der Mehrheit der Öffentlichkeit einstimmig verurteilt.
«Dies hat nichts mit Karnevalsfreiheit oder politischer Satire zu tun. Es ist das ungeheuerlichste Beispiel für Hassreden und Intoleranz gegenüber sexuellen Minderheiten. Es gibt keine Rechtfertigung für Primitivismus. Ein gleichgeschlechtliches Paar, das ein Kind adoptieren will, hat solche Reaktionen nicht verdient. Im Gegenteil, es würde das Leben eines der 1100 Heimkinder in Kroatien zum Besseren verändern», sagte ein führender Politiker.
Und ein Kommentator kam zum Schluss, dass das einzig Gute darin bestand, dass nach Jahren des Schweigens eine klare Reaktion auf die Unzulässigkeit dieser Praxis erfolgte, und dass es zumindest Anzeichen dafür gebe, dass der Staat solche durch Hass und Ausgrenzung motivierte öffentliche Manifestationen endlich als solche behandelt, anstatt sie lakonisch oder gar mit heimlicher Genehmigung totzuschweigen. (vepf)