Jedes Land hat seine eigene Küche, doch wie ist sie entstanden?
Um etwas über ein Land zu erfahren, kann man auch in die nationalen Kochtöpfe statt in Bücher schauen. Dort manifestiert sich unsere Kultur nämlich unmittelbar. Ist es ein karger Landstrich, oder ist er fruchtbar und mit Feldfrüchten gesegnet? Gab es eine reiche Schicht, die sich raffinierte Gerichte kreieren liess, oder waren es die Bauern, die die Küche prägten?
So manches kroatisches Gericht kennen wir aus anderen Ländern. Doch wie ist es jeweils in unsere Töpfe gekommen, um nun als typisch kroatisch zu gelten? Über Jahrhunderte zogen fremde Völker und Heere durch unser Land. Sie hinterliessen verbrannte Erde, aber auch Säcke voller Kaffeebohnen und so manche interessante Gerichte.
Die Fremdherrschaft, der unser Land lange unterworfen war, brachte uns gezwungenermassen viel interkulturellen Austausch. Der k.u.k. Beamte, der nach Kroatien versetzt wurde, nahm sich natürlich eine einheimische Köchin, meist eine einfache Bauerntochter. Diese musste dann all die Gerichte kochen lernen, die die Herrschaften gerne assen und aus ihrer Heimat kannten. War sie jedoch geschickt, servierte sie ihrerseits auch Gerichte aus ihrem Dorf. So lernte der eine vom andern. So manches Gericht, wie z.B. „Palačinke“, „Gulaš“ und „Kremšnite“ gelten deshalb als typisch kroatisch, ungarisch, böhmisch, einfach je nach dem in welche Kochbücher man schaut. Bei genauerem Hinsehen kann man aber durchaus auch subtile Unterschiede finden. So wird z.B. einem ungarischen oder österreichischen Gulasch in der Regel Kümmel beigegeben, während man in Kroatien darauf verzichtet.
Die kroatische Küche ist eine Küche der Regionen
Den ungarischen Einfluss spürt man vor allem im Norden des Landes. Erkennbar ist er vor allem an der Verwendung vom gemahlener Paprika, das den Gerichten die gewünschte Schärfe gibt. Denken wir nur an den Fiš Paprikaš aus Slawonien oder Baranja, das mit fettigen Flussfischen zubereitet wird. Paprika verleiht ihm eine schöne Farbe und den nötigen „Biss“. Im kontinentalen Nordwesten Kroatiens war z.B. Tafelspitz, mit einer Meerrettich-, Dill- oder sogar Sauerkirschsauce, fester Bestandteil Grossmutters Küche. Es war das angebliche Lieblingsgericht Franz Josefs, das ihm jeden Donnerstag aufgetischt wurde. Aber auch Paniertes – ob Kalbschnitzel oder Pouletfleisch, der Kaiserschmarrn mit Zwetschkenkompott und verschiedene Knödel, z.B. Zwetschkenknödel, deren Ursprung wir in Tschechien finden, sind aus der kroatischen Küche nicht mehr wegzudenken.
An der Küste waren es die venezianischen Kaufleute in ihren Niederlassungen, die die einfache Küche der Küstenund Inselbewohner um raffinierte Gerichte bereicherten. „Pasticada“, ein Rinderbraten und „Rozata“, in der Schweiz als „Crème caramel“ bekannt, gehören in Dubrovnik auf jeden Festtagstisch. Auch „Rizot od Skampa“ (Risotto mit Scampi), „Crni Rizot“ (Schwarzer Risotto mit Tintenfisch) und „Rizi bizi“ (Reis mit Erbsen) gehören zum festen Bestandteil der Küche der Küstenbewohner, obwohl das Risotto am Fuss der Alpen, in der Poebene, seine Heimat hat. Auch die in Dalmatien beliebten „Fritule“ und „Krostule“ sind ursprünglich typisch venezianisches Karnevalsgebäck.
Dem Einfluss der türkischen Küche verdanken wir Gerichte, wie die „Sarma“, die zum festen Bestandteil unserer Küche wurde. Die Türken nennen sie „Dolma“. Im Gegensatz zu ihnen machen wir die „Sarma“ aber mit gesäuertem Kraut, welches eine gute Methode ist, Kohl für den Winter haltbar zu machen. Viele Gerichte haben wir sogar samt ihrer ursprünglichen Namen übernommen. Dazu gehört z. B die „Baklava“, ein zucker- und honigtriefendes Nussgebäck, „Sudžuk“, eine würzige Rinderwurst, „Arambašići“, ein Gericht aus Sinj ähnlich der „Sarma“ und „Đuveč“, ein Ofengericht aus Reis, Gemüse und Fleisch. Diese Gerichte sind türkischen Ursprungs.
Bei österreichischen Speisen schreiben wir die deutschen Namen zwar kroatisch, aber wenn man sie ausspricht, erkennt man leicht worum es sich handelt: z.B. „Ajngemachtes“ mit „Leber Knedle“ oder „Kremšnite“.
Der Austausch fand aber auch in der Gegenrichtung statt. So findet sich in venezianischen Kochbüchern eine „Minestra de Bobici“, eine einfache Maissuppe.
Gutes Essen kennt keine Grenzen und Nationalitäten, Hauptsache es schmeckt!
Text: Gloria Sartori Saadi
Übersetzung: Darija Vucić