Viele Menschen haben Träume, auch Robert Toniċ. Als junger Mann wollte er Profi-Fussballer werden. Er trainierte fleissig, bis er vom Trainer Köbi Kuhn eines Tages hören musste «Robert, du bist zu schwach und wirst nie professionell Fussball spielen können». Manche würden nach einer solchen Kritik depressiv werden, aber Robert nicht. Er blieb seinen Träumen treu – und wenn er kein Spieler werden konnte, dann eben Trainer. Bis heute, nach mehreren Jahren als Trainer im Junioren Spitzenfussball FC Red Stars Zürich U16 und Frauen-Spitzenfussball beim FC Schlieren Nationalliga B, FC Zürich U19, FC Altstetten 1. Liga und zuletzt Zürich City und gleichzeitig auch Trainer der Junioren vom YF Juventus Zürich, wo auch sein Sohn spielt.
Die Libra- Autorin fragte ihn anlässlich eines Treffens danach, ob es Unterschiede zwischen Frauen- und Männerfussball gibt, und ob er mit der Arbeit zufrieden ist
Was ist einfacher, Frauen oder Männer im Fussball zu trainieren?
Männer, definitiv.
Warum?
Frauen sind viel emotionaler als Männer. Sie sind stärker vernetzt, d.h. auch im Privaten befreundet, und wenn eine Spielerin im Team des Gegners die Kollegin einer meiner Spielerinnen ist, dann weiss ich nicht, ob die sportliche Leistung darunter leidet. Nach dem Training wird sehr viel zusammen unternommen – es gibt z.B. Grillparties, gemeinsamen Ausgang, Konzerte etc. Neuerungen sind nicht leicht einzuführen, obwohl Frauen eigentlich neugierig und offen für Neues sind – erst nach grosser Überzeugungsarbeit werden Neuerungen akzeptiert. Oft leben die Spielerinnen in einem Haushalt zusammen und führen vertrauliche Gespräche über persönliche und professionelle Themen, was unter den Frauen zu Intrigen führen kann. Für Fussball muss man brennen und Opfer bringen, ohne Rücksicht auf Verluste – und das fehlt manchmal.
Bei den Männern ist vieles anders. Nach dem Training geht man einfach nach Hause, ohne zu schauen, was der andere macht; und im Spiel gibt es keine Freundschaft. Um zu gewinnen, wird hart gekämpft.
Der Fussballsport wird von Männern dominiert. Was unternehmen Sie, um den Frauenfussball stärker im Verein zu integrieren und sein Ansehen in der Öffentlichkeit zu verstärken?
Frauen spielen gut! Ein Kollege, der Männer trainiert, besuchte unser letztes Spiel und sagte mir danach: «Hier wird echter Fussball gespielt». Ja, das Potenzial wäre vorhanden, aber es fehlt an allen Ecken und Enden. Manchmal haben wir schlicht zu wenig Geld! Es fehlen Trainingsplätze, wir leiden unter schwacher Ausbildung, schlechter Bezahlung – und vor allem gibt es zu wenige Frauen, die Fussball spielen wollen. Es sind erst einzelne Geldgeber, die in Frauenfussball investieren. Die Akzeptanz ist noch gering, aber wir arbeiten daran.
Welche Eigenschaften muss eine Spielerin haben, um Fussball spielen zu können?
Mit gesundem Menschenverstand, gegenseitigem Respekt und einer gesunden Dosis Selbstvertrauen kann man gute Leistungen abliefern und braucht sich auch vor Intrigen nicht zu fürchten.
Und der Trainer? Welche Eigenschaften muss er haben, um eine Mannschaft erfolgreich zu trainieren?
Ein Trainer wird durch Sozialkompetenz zum Trainer. Wir Trainer sind auch von den Spielern abhängig, denn wenn die Chemie nicht stimmt, dann haben wir schon verloren.
Treffen Sie Entscheidungen bezüglich der Taktik oder auch der Zukunftsvisionen des Clubs allein?
Nein. Nur die Taktik ist meine Sache. Über Zukunftsvisionen tausche ich mich regelmässig mit unseren Club-Präsidenten aus. Ohne gute Zusammenarbeit mit dem Führenden im Club funktioniert nichts.
Ihr Sohn spielt Fussball, die Tochter reitet – sind Sie auch für Ihre Kinder der Trainer? Anders gefragt, haben Sie genügend Zeit, sich zu erholen?
Ja und nein. Meinen Sohn trainiere ich schon, d.h. er kommt mit aufs Feld und lernt; die Tochter hingegen nicht. Sie reitet und hat ihren eigenen Reittrainer. Im Moment bekommt sie unsere volle Aufmerksamkeit, denn sie ist gut und hat Perspektiven; ihre Auszeichnungen beweisen dies. Allerdings haben wir zur Zeit etwas Schwierigkeiten, unsere Ziele zu verfolgen. Wir brauchen dringend Sponsoren, denn der Reitsport ist sehr kostspielig. Auf die Dauer ist es schwierig, das Tempo beizubehalten. Wir hoffen, dieses Problem bald lösen zu können. Erst dann kann ich an Erholung denken, vorher kommt das leider nicht in Frage.
Interview geführt und übersetzt von: Ivanka Jerković
Quelle: Libra 52