Viele Leute fragen sich, was sie mit all den Kleidern, die ihnen nicht mehr passen, machen sollen. Entsorgen, der Kleidersammlung spenden, in der Familie oder an Bekannte weitergeben? Nein, am liebsten würden sie doch alles behalten – denn dieses Kleid erinnert mich an meinen ersten Theaterbesuch, diese Hose trug ich zum Geburtstag meiner Mutter, etc. Ein Ausweg aus diesem Dilemma wäre, die Kleider zu ändern – aber wer kann das machen? Die einfache Antwort darauf ist: Schneiderei – Textilpflege – Wäscherei Ljevar!
Libra: Im September 2018 eröffneten Sie in Zürich-Affoltern ein Geschäft für Wäscherei, Textilpflege und Schneiderei. Wie kam es dazu?
Frau Ljevar: Ich war bereits in einem ähnlichen Geschäft im Zürich angestellt. Aus betrieblichen Gründen musste das Geschäft jedoch leider schliessen. Der Anstoss zur Selbstständigkeit kam eher von meinem Mann, denn ich hatte damals Bedenken und Angst davor, selbst ein Geschäft zu führen. Deshalb habe ich mich immer wieder auf dem Arbeitsmarkt um Stellen beworben, aber es lief schleppend. Es dauerte lang, bis ich überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, und die Lohnangebote waren dermassen schlecht, dass ich ablehnen musste. In dieser Zeit sagte mein Mann immer wieder, dass wir selbst versuchen sollten, einen Laden zu führen. Und so passierte es.
War die Firmengründung einfach? Gemäss Aussage der Zürcher Stadtverwaltung werden doch alle Startups in Zürich auch von der Stadt unterstützt.
Oh nein, das war alles andere als einfach. Wir stellten zwar einen Subventionsantrag an die Stadt und erhielten darauf eine Menge Formulare. Aber die Fragen zielten teilweise so tief in unser Privatleben, dass wir den Antrag wieder zurückzogen.
Auch ein Lokal zu finden war schwieriger als wir gedacht hatten. Darauf folgten Renovation, Einrichtung, Kauf und Installation der Maschinen – es dauerte, zusammen mit dem Einholen aller nötigen Bewilligungen, über fünf Monate bis zur Eröffnung. Und während der ganzen Zeit war ich darüber im Ungewissen, ob überhaupt jemand in den Laden kommen, ob ich Arbeit bekommen, ob ich von der Kundschaft akzeptiert würde; das bereitete mir viele schlaflose Nächte.
Das Ganze war ein grosser Aufwand, aber wir organisierten uns gut. Mein Mann war für die Technik zuständig, ich für Einrichtung, chemische Reinigung, Textilpflege etc., und unser Sohn übernahm die Verantwortung für Spezielles wie z.B. Stickerei, und so ging alles ganz gut. Diese Aufgabenverteilung gilt auch heute noch, aber wir unterstützen uns gegenseitig in allen Bereichen.
Wie war es für Sie, als Ihr erster Kunde im Laden stand?
(lacht) Ich war so aufgeregt! Ich zitterte am ganzen Körper.
Sie arbeiten ausschliesslich mit Bio-Produkten. Wie kommt das bei den Kunden an?
Davon sind alle begeistert! Es kommt doch oft vor, dass Kleider nach der Reinigung nach Chemie riechen und empfohlen wird, sie auf dem Balkon auszulüften. Nun, bei der Reinigung mit Bio-Produkten geschieht das nicht, und das mögen unsere Kunden.
Wenn man Ihr Geschäft betritt, kann es durchaus sein, dass man eine Gräfin, einen weltberühmten Bariton oder auch «nur» eine Verkäuferin antrifft. Wie gehen Sie denn damit um?
Für mich sind alle Kunden gleich, seien sie nun adelig, berühmt oder nicht. Ich bleibe immer ich selbst und bediene alle Kunden auf dieselbe Weise. Denn eigentlich sind sie doch alle meine Chefs – und unser Motto lautet «Wir sind erst dann zufrieden, wenn es der Kunde auch ist». Und darüber, dass ich diesen Schritt wagte, dass ich mit meiner Familie zusammen mein eigenes Geschäft führen darf, bin ich sehr glücklich!
Text und Übersetzung: Ivanka Jerković
Quelle: Libra 50