Interview geführt und übersetzt von: Ivanka Jerkovic

Prof. Dr. med. Daniel M. Weber leitet am Universitäts-Kinderspital Zürich (Kispi) die Abteilung für Handchirurgie. Letztes Jahr unterstützte er das Team der Klinik für Kinderkrankheiten in Zagreb, geleitet Dr. med. Rok Kralj, bei der Operation von sechs Kindern mit schweren angeborenen Handdeformitäten. Die Ergebnisse fielen zur Freude der Kinder und deren Eltern sehr positiv aus.

Wie kam es aber zur Zusammenarbeit von Zürich und Zagreb? Libra schaffte es, von ihm einen Interviewtermin zu diesen Fragen zu bekommen.

Libra: Herr Weber, trotz Ihrer vollen Agenda nahmen Sie sich die Zeit dafür, uns ein paar Fragen zu beantworten. Vorab vielen Dank dafür!

Im Lauf des letzten und im Januar dieses Jahres waren Sie in Zagreb, wo Sie mehrere chirurgische Eingriffe durchführten. Wie kam es dazu, dass Sie in Zagreb operierten, und wie verlief die Zusammenarbeit?

Weber: Die Zusammenarbeit mit Rok Kralj, dem Spezialisten für Kinderchirurgie der Kinderklinik Zagreb, besteht schon lang. Nach seiner Weiterbildung zum Facharzt für Kinderchirurgie in Zagreb kam Dr. Kralj zu uns ans Kispi Zürich, um sein Wissen und praktische Fertigkeiten im Bereich der plastischen und Handchirurgie zu vertiefen. Wir arbeiteten in Zürich ein Jahr lang zusammen. Nach seiner Rückkehr nach Zagreb blieben wir für Fallbesprechungen und Erfahrungsaustausch, weiter in Kontakt. Bei meiner ersten Reise nach Zagreb lud mich Herr Kralj als Referent zu einem Symposium über Kinder-Handchirurgie und zur gemeinsamen Durchführung von Sprechstunden und Operationen ein. Über die Kollegen und das gesamte Team in der Klinik in Zagreb kann ich nur Positives berichten. Alle sind sehr motiviert, und ich bin davon überzeugt, dass mein Kollege Kralj seine Tätigkeit im Bereich der Kinderhand weiter vertiefen und damit eine zentrale Funktion übernehmen wird.

– Welche Unterschiede stellen Sie fest, wenn Sie die Arbeitsweise Ihres Teams im Kinderspital mit demjenigen in Zagreb vergleichen?

Es ist für mich immer angenehm, dort zu sein. Die Kollegen in Zagreb arbeiten eng mit Pflege, Ergotherapeuten und anderem Fachpersonal zusammen. Die Leute sind sehr gut ausgebildet und leisten hervorragende Arbeit. Obwohl der Klinik nur ein geringes Budget zur Verfügung steht, konnte ein hoher Standard erreicht werden. Natürlich könnte die Infrastruktur immer verbessert werden, aber mit den verfügbaren Mitteln wird ausgezeichnet umgegangen.

– Wo gibt es technisch oder fachlich noch Verbesserungspotenzial in der Kinderklinik Zagreb?

In der Ergotherapie fehlt es deutlich an Personal und an Mitteln. Die Ergotherapie ergänzt die Handchirurgie bei Kindern. Sie kann Fehlbildungen mit Schienen mildern und ist für die Nachsorge bei Kindern mit Verletzungen oder Fehlbildungen notwendig, damit gute Resultate erzielt werden können. Frau Renate Pfann, unsere leitende Ergotherapeutin, war zum Symposium in Zagreb auch eingeladen, hielt einen Vortrag und unterstützte die Ergotherapie vor Ort. Die Ergotherapeutin in Zagreb war über die Gelegenheit, dazuzulernen, sehr froh. Sie kam später auch zu uns ins Kispi, wo sie mit anderen Materialien, Schienen und Orthesen arbeiten konnte; diese Konzepte nahm sie nach Zagreb mit. Leider fehlt es in Zagreb teilweise an Material zur Herstellung von Schienen, und die noch junge Ergotherapie braucht weitere Unterstützung, damit sie sich weiterentwickeln kann. Stärkere Unterstützung wäre sehr willkommen.

Zum Teil fehlen der Klinik auch neue, moderne technische Geräte. Unlängst wurde der Zagreber Klinik ein Blutsperregerät gespendet, welches wir bei einer der Operationen gleich einsetzen konnten.

Beobachten Sie bei Neugeborenen eine Zunahme von Fehlbildungen?

Nein. Die Anzahl bleibt international seit Jahrzenten konstant.

– Hatten Sie Gelegenheit, neben der Zeit in der Klinik und im Operationssaal, einen Spaziergang durch Zagreb zu machen?

Leider nur wenig. Zagreb ist eine sehr schöne Stadt, aber meine Zeit dort war immer sehr knapp, denn abends, nach der Arbeit, organisierten wir noch Seminare. Die Klinik-Mitarbeiter genossen diese Seminare sehr, denn sie sind alle sehr motiviert, mehr zu lernen. Aber ich muss sagen, dass mir das Essen – besonders bei Dr. Kralj zu Hause, der übrigens sehr gut Deutsch spricht – vorzüglich schmeckte.

– Was ist Ihr nächstes Projekt? Haben Sie vor, wieder nach Zagreb zu reisen?

Ich habe viele Projekte am Laufen, und ich bin nicht nur mit Zagreb vernetzt, sondern noch mit mehreren anderen Kliniken weltweit. Ich bin bereit, zu reisen, aber die globale Situation mit Covid-19 erlaubt mir das momentan nicht. Sobald sich die Situation verbessert, werde ich sehr gerne wieder nach Zagreb reisen, wenn ich das dortige Team unterstützen kann.

Herr Weber, besten Dank für das Gespräch. Die Libra-Redaktion wünscht Ihnen weiterhin viel Erfolg!