An der kroatischen Adriaküste, in Mitteldalmatien, an der Nordwestseite der Insel Hvar, in einer fünf Meilen tiefen Bucht liegt die älteste Siedlung dieser Region. Gegründet wurde sie vor 2400 Jahren durch Griechen von der Ägäisinsel Paros und wurde von ihnen Faros genannt. Der Ort ist reich an Funden aus der Antike und der Römerzeit, darunter wunderschöne Mosaike aus römischen Villen. Der Name Faros wurde später für die Stadt Hvar an der Südküste der Insel übernommen, und diese Siedlung wurde ihrem Ursprung entsprechend benannt – Stari Grad, nämlich die Alte Stadt. Und zwar genau Stari Grad, keinesfalls Starigrad.

Natürlich ist es am besten, jede Insel mit dem eigenen Boot anzusteuern. Aber auch wenn Sie kein solches Ihr Eigen nennen, ist es sehr einfach, nach Stari Grad zu gelangen, da die Stadt über einen Fähranleger verfügt. Die Fahrt von Split dauert zwei Stunden, mehrmals täglich. Oder fahren Sie mit dem Auto nach Drvenik, wobei wir nicht die gleichnamigen Inseln zwischen Šibenik und Split meinen, sondern den Ort ziemlich genau zwischen Makarska und Ploče. Von dort aus transportiert die Fähre Sie nach Sućuraj an der östlichsten Spitze der Insel. Die Autofahrt von Sućuraj nach Stari Grad auf der langgezogenen Insel dauert zwar runde eineinhalb Stunden, aber die Strasse über eine bezaubernde Landschaft ist angenehm zu fahren.


Wer auf der alten Strasse von Stari Grad in Richtung der Stadt Hvar fährt, kommt an einem Gipfel mit Aussichtspunkt vorbei, von dem aus die Nachbarinseln zu sehen sind: Brač im Norden, Vis und Korčula im Süden. Sie können aber auch im Osten das schöne Vrboska oder das farbenfrohe Jelsa besuchen. Oder fahren Sie zur Mitte der Insel über Vrbanj, Svirče und Vrisnik bis nach Pitve. Dort angekommen, sollten Sie unbedingt durch den alten engen Tunnel fahren und die steile, felsige und mit Weinreben bewachsene Südseite der Insel bestaunen. Der Tunnel ist so breit, dass ein Auto bequem durchfahren kann, jedoch zu eng für einen Bus. An jeder Einfahrt heisst es, dass der Verkehr über Sensoren geregelt wird. Das klappt glücklicherweise gut, denn Gegenverkehr wäre unmöglich. Der unbeleuchtete, etwa eineinhalb Kilometer lange Tunnel ist schnurgerade, so dass man beim Einfahren bereits das Licht am anderen Ende sieht!


Auf der Südseite sollte man unbedingt nach Sveta Nedjelja fahren und sich den alten Teil hoch unter den Felsen und den neueren Teil am Meer ansehen. Eigentlich führe die Reise dann weiter entlang der Südküste nach Westen zur Stadt Hvar – geht aber nicht. Die Strasse existiert zwar, aber ein grosses Schild weist darauf hin, dass sie nur von Rettungsfahrzeugen befahren werden darf! Also zurück durch den Tunnel oder in Serpentinen über den Pass.


In Stari Grad kommt keine Langeweile auf. Das Frühstück wird morgens in den Bars an der Uferpromenade serviert, baden ist an mehreren Stellen möglich, die zu Fuss, mit Auto oder Boot erreichbar sind. Es gibt zahlreiche Geschäfte für Einkäufe aller Art, Cafés, Tavernen und Restaurants für jeden Geschmack und Geldbeutel, Buden mit Eis- und Pfannkuchen, Wege zum Spazierengehen, Wandern oder Radfahren. Aber niemand braucht ein schlechtes Gewissen dabei zu haben, im Urlaub einfach nichts zu tun und abends am Meer zu hocken, der Strassenmusik zu lauschen oder ein erbauliches Kulturangebot zu geniessen.


Die Strassennamen sind etwas gewöhnungsbedürftig. Im lokalen Dialekt angeschrieben, heissen die Hauptstrassen Duolnjo kola und Srinjo kola, was Donja und Srednja kala, also Untere und Mittlere Strasse bedeutet. In der Regel ist jedes zweite o als a zu verstehen. Novo Riva ist Nova Riva, Molo Njiva ist Mala Njiva. Café Molo Misto ist Malo Misto. Nur für die Strassen Šiberija und Vagonj haben wir keine wirkliche Erklärung gefunden.

Es gibt eine grosse Auswahl an Unterkünften, von preisgünstigen Appartements über luxuriöse Hotels bis hin zu privaten Yachten im Stadthafen. Der Maestral, der im Sommer durch die langgezogene Bucht weht, sorgt für die willkommene Abkühlung und macht den Aufenthalt auch an heissen Tagen angenehm.




Das berühmteste Gebäude in Stari Grad ist der Palast des Renaissance-Adeligen und Dichters Petar Hektorović, Autor des ersten realistischen Epos der kroatischen Renaissance „Der Fischfang und die Fischergespräche“ (Ribanje i ribarsko prigovaranje), dessen erste Ausgabe 1568 in Venedig gedruckt wurde. Das Gebäude, in dem er mit seiner Familie lebte, wurde Mitte des 15. Jahrhunderts mit der Idee eines Mikrokosmos gebaut – in welchem Fische, Vögel, Pflanzen und Menschen Platz zum Leben haben. Wegen der Türkeneinfälle wurde der Palast zu einer Festungsanlage ausgebaut und daher Tvrdalj (Festung) genannt.


Auf der Westseite von Tvrdalj befindet sich ein weiteres bedeutendes Gebäude, der Biankini-Palast, 1896 von den vier Söhne des Reeders und Kapitäns Juraj Biankini erbaut. Sie waren Teil einer harmonischen, fleissigen und für die Verhältnisse der Insel wohlhabenden Familie. Der Palast wurde im Neorenaissance-Stil erbaut und verfügt über einen Garten mit einer über hundert Jahre alten Himalaya-Zeder. Heute beherbergt der Palast das städtische Museum und erfüllt damit den Wunsch der Familie Biankini, das Gebäude für repräsentative und kulturelle Zwecke zu nutzen.


Die eindrucksvollste der Kirchen ist diejenige des heiligen Stjepan, die an derselben Stelle errichtet wurde, an der sich der Vorgängerbau bereits im 9. Jahrhundert befand.

Zum Wohlstand der Stadt hat seit jeher das fruchtbare Feld beigetragen, die grösste ebene Senke aller kroatischen Inseln. Es erstreckt sich bis nach Vrboska und ist reich an Trinkwasserquellen. Neben dem Olivenanbau stellt der Weinbau den wichtigsten landwirtschaftlichen Zweig dar. Die einheimischen Sorten heissen Bojdanuša, Plavac und Prč, die man unbedingt kosten und ein paar Flaschen davon mit nach Hause nehmen sollte! Fischerei, Handwerk und Handel haben sich auf der Insel neben dem Tourismus ebenfalls entwickelt.



Der historische Kern von Stari Grad und die Landschaft des Stari-Grad-Felds wurden 2008 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen, da sie die am besten erhaltene Grundstücksgliederung im Mittelmeerraum aufweisen.



Die Stadt hat viele berühmte Persönlichkeiten hervorgebracht, von denen Petar Hektorović sicherlich der bedeutendste ist. Erwähnenswert sind unter anderen der Bischof und Archäologe Don Šime Ljubić, der Kunsthistoriker und Schriftsteller Tonko Maroević und der Bildhauer Petruško Bogdanić.















Text: Vesna Polić Foglar
Fotografien: Zorislav Zaninović