Als 1890 die beiden Ingenieure Charles Eugen Lancelot Brown (1863 – 1924) und Walter Boveri (1865 – 1924) entschieden, dass Baden der Standort ihrer Firma BBC Brown Boveri & Cie. sein sollte, nahm eine wirtschaftliche Erfolgsstory ihren Anfang. Die Firma entwickelte sich im Laufe der Jahre immer besser und wurde zur Weltfirma, die wohl heute fast jedes Kind kennt.
Damals entstanden die ersten Fabrikgebäude ausserhalb der Altstadt auf dem heute Baden-Nord genannten Areal an der Bruggerstrasse. Dem entgegengesetzt wollte Walter Boveri sein Wohnhaus nicht in der unmittelbaren Nähe der Firma bauen und suchte sich ein Stück Land auf der anderen Seite der Altstadt an der Hangkante zur Limmat. Dieses Vorhaben entsprach gar nicht der sonst üblichen Gepflogenheit, dass nämlich der Direktor einer Firma aus Macht- und Einflussgründen in Sichtweite der Fabrik wohnte.
Zwischen 1896 und 1897 wurde die Villa erbaut. Als Architekten verpflichtete Boveri 1895 Karl Moser, der im Büro der Architekten Curjel und Moser in Karlsruhe arbeitete. Nachdem Walter Boveri noch ein angrenzendes Grundstück für die Erweiterung des Gartens zu einem Park erworben hatte, betraute er den Münchner Architekten Carl Sattler mit diesem Auftrag. Viele bauliche Veränderungen vollzog man im Laufe der Jahre bis zum heutigen Erscheinungsbild der Villa Boveri, welche uns jedes Mal bei einem Konzert, einer wichtigen Sitzung oder einer Lesung namhafter Autoren Gastrecht bietet.
Karl Moser realisierte beim Bau in seiner architektonischen Sprache ein breites Spektrum an Stilformen aus dem Historismus und vom Jugendstil bis in die Moderne. Elemente wie ornamentale Dekors über florale und dynamische Formenbis zu geometrischen Mustern wechseln sich bei seinem Bau bunt ab. Ein besonderes Anliegen war Moser die Gestaltung der Räume innen, die man als Gesamtkunstwerk bezeichnen kann. Um die Zeit der Jahrhundertwende entstanden ebenso die Universität Zürich, das Kunsthaus Zürich und der Badische Bahnhof in Basel, die aus Karl Mosers Zeichenbrett stammten und von seinem kreativen Schaffen Zeugnis ablegen.
Die Villa Boveri erscheint aussen etwas trutzig. Die Grösse der Villa allein beeindruckt, die auf quadratischem Grundriss entstand. Oben schliesst ein imposantes Walmdach ab. Die Fassaden sind abwechslungsreich durchgestaltet, mit Loggien und Blendgiebeln durchsetzt. All dies trägt zu einem besonderen Charakter der Villa bei. Innen betritt man die Villa durch den Eingangsbereich in eine Halle, von der aus alle anderen Räume im Erdgeschoss erreichbar sind, drei Wohnzimmer, die Küche und die Garderobe. Der erste Stock ist ähnlich gegliedert: fünf Schlafzimmer, zwei Bäder und ein Boudoir um die Vorhalle. Die Dienstboten waren im Dachstock untergebracht.
Viele Konzerte erlebte wohl schon das heutige Musikzimmer, das früher der Salon gewesen war. Das Esszimmer liegt gegen den Park hin. Ein wunderschöner Kachelofen gibt dem Raum seinen speziellen Charakter, man wähnt sich in der Zeit der Erbauer.
Der Park gehört zum schönsten, was die Stadt Baden seinem Besucher heute bieten kann. Ein Besuch lohnte sich in jedem Fall, man verweilt in unmittelbarer Nähe zum Zentrum in einer Oase der Ruhe. Viele Mitarbeiter naher städtischer Betriebe und andere lassen sich über Mittag im Park nieder, besonders an einem sonnigen Werktag. Von der Hektik der Stadt ist fast nichts zu spüren.
PS: Seit der Gründung des Kroatischen Kulturklubs finden Sitzungen, Jahresversammlungen und andere Anlässe des Klubs in den wunderschönen Räumen der Villa Boveri und die Konzerte der Vereine Kroatisches humanitäres Forum HHF, Kroatischer Kulturklub HKK und Kroatischer Ingenieurverein HID dort im Gartensaal statt, wofür wir hier einmal der ABB-Wohlfahrtsstiftung und der Verwalterin der Villa Boveri mit dem Personal herzlichst danken.
Text: Alfred Schenker
Übersetzung: Sanja Lipnjak
Foto: Mirna Resan